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Juni 2018: Kleine braune Vögel in den Leinepoldern

Beim Beobachten der Natur in den Leinepoldern fallen meist die großen Tiere auf. Im Sommer sind es oft die Weißstörche oder im Winter die riesigen Gänsescharen. Die dort ebenfalls heimischen kleinen braunen Singvögel werden hingegen häufig übersehen. Es wird Zeit, einmal auf sie zu achten.

Gehört haben viele Menschen den einen oder anderen der unscheinbaren Singvögel vermutlich schon einmal, aber noch nicht bewusst gesehen. Beim nächsten Spaziergang in der Natur oder auf den Wanderwegen in den Leinepoldern lohnt es sich, die kleinen unscheinbaren bewusst zu suchen.

 

Der seinen Namen singt

Im Frühling und Sommer ist vor allem der Zilpzalp nicht nur im Schutzgebiet zwischen Einbeck und Northeim zu hören, sondern auch im Siedlungsraum; er ist überall relativ häufig. Nur 10 bis 12 cm ist er lang, sein Gefieder ist am gesamten Körper unauffällig grünlichbraun bis schmutzigweiß und graubraun gefärbt. Sein Gesang ist ein sich oft wiederholendes "Zilp-zalp-zelp-zilp-zalp" und wer ihn einmal gehört hat, der versteht sofort, woher diese Vögel ihren deutschen Namen haben.

"Mit seinem Gewicht von nur 6 bis 10 g kann der Zilpzalp auf sehr dünnen Zweigen in den Baumkronen oder an Stauden Halt finden und dort nach Nahrung suchen. Insekten, Spinnentiere und anderes Kleingetier stehen auf seinem Speisezettel", weiß Thomas Spieker von den Naturscouts Leinetal e. V. Weniger luftig als das Nahrungs-Jagdrevier sind die Brutplätze dieser Vögel gelegen. "Meist brütet der Zilpzalp sehr niedrig in der Vegetation und manchmal sogar am Boden", so Spieker. Das Nest wird beispielsweise im Schutz von Brombeerhecken errichtet oder einfach in hohem Gras.

"Unter anderem weil in den Wiesen der Leinepolder Vögel wie der Zilpzalp brüten, dürfen in dem Schutzgebiet die Wege nicht verlassen werden. Wer querfeldein geht – und das gilt auch für die mitgebrachten Vierbeiner –, könnte die Vögel nicht nur aufscheuchen, sondern unbeabsichtigt ein Nest zerstören", erläutert Thomas Spieker. Das Wegegebot sollte immer beachtet werden, was mit einschließt, dass Hunde auf den Wegen an den Leinen zu führen sind.

Des Zilpzalps Bruder

Im Schutzgebiet kommt eine weitere Vogelart vor, die dem Zilpzalp sehr ähnlich sieht und die sich vor allem durch ihren Gesang von ihm unterscheiden lässt: der Fitis. Mit 11 bis 13 cm ist er ähnlich groß wie sein "Bruder" und sein Gefieder ist in gleicher Weise unauffällig in graubraun bis olivbraun und schmutzigweiß gefärbt.

Sein Jagd- und Brutverhalten entsprechen dem des Zilpzalps, jedoch singt der Fitis anders. Weich und etwas gesäuselt klingen die Strophen und die Tonfolge ist absteigend. Weil er auf Insektenkost spezialisiert ist, verbringt der Fitis nur die warme Jahreszeit in Mitteleuropa. Über den Winter hält er sich in Afrika südlich der Sahara auf. Das Zugvogelsein teilt er ebenfalls mit dem Zilpzalp, der beispielsweise im Mittelmeerraum, aber auch südlich der Sahara in Afrika überwintert.

"Spatzen" im Rohr

Spatzen, also Haussperlinge, sind aus dem Siedlungsraum zahlreichen Menschen bekannt. Den Ausspruch "schimpfen wie ein Rohrspatz" haben vermutlich ebenfalls bereits viele gehört. Wer diese "Rohrspatzen" eigentlich sind und wo sie leben, ist hingegen weniger geläufig. In den Leinepoldern kann man ihnen begegnen – und eigentlich sind sie keine Spatzen, sondern Ammern. Der richtige Name lautet Rohrammer und der Namensbestandteil "Rohr" steht für ihren bevorzugten Lebensraum: die Röhrichtzonen an Gewässern. Wegen der oft schimpfend wirkenden Lautäußerungen entwickelte sich die zuvor genannte Redewendung.

Das Gefieder der Rohrammer ist in unterschiedlichen Brauntönen und weiß gefärbt, die Männchen haben im Prachtkleid schwarze Federn am Kopf und an der Kehle. Typisch für die Rohrammer ist, dass der Rücken gestreift wirkt. Zwischen 13 und 15 cm beträgt die Körpergröße dieser Vögel.

"Ihr Nest baut die Rohrammer meist am Rand der Röhricht- oder Schilfzone oder in Gebüschen am Ufer", weiß Thomas Spieker. Anders als bei vielen anderen Vogelarten sind die Männchen nicht monogam, sie kümmern sich häufig gleichzeitig um mehrere Weibchen und den gemeinsamen Nachwuchs. "Diese Strategie, dass ein Männchen zugleich mehrere Familien gründet, liegt vermutlich in dem Umstand der hohen Verlustrate beim Nachwuchs begründet", erklärt Thomas Spieker. "Zahlreiche Gelege und Jungvögel fallen Fressfeinden zum Opfer."

Rohrammern sind in Mitteleuropa Teilzieher. Das bedeutet, etliche dieser Vögel verlassen ihr Revier, fliegen allerdings meist keine allzu weiten Strecken. Manche bleiben ihren Revieren während der kalten Jahreszeit treu.

Schnarrender Gesang

Olivbraun sind die Federn auf der Oberseite des Feldschwirls gestreift, die Unterseite trägt gelblichweiße Federn. Zwischen 12 und 14 cm sind diese Vögel groß. Sie halten sich zum Singen zum Beispiel in Bäumen und Gebüschen oder auf vorjährigen Stauden auf. Ihr Gesang wird häufig zwar gehört, aber keinem Vogel zugeordnet. "Der Feldschwirl trägt ein langes Sirren vor, das stark an die Lautäußerungen von Heuschrecken erinnert", so Thomas Spieker. Mit diesen werden die Vögel deshalb oft verwechselt. "Auf geführten Wanderungen machen wir Naturscouts gern darauf aufmerksam, wenn im Frühling irgendwo ein Feldschwirl zu hören ist", so Spieker. "Vernimmt man in dieser Zeit des Jahres diesen Gesang, kann man sich sicher sein, dass er nicht von einer Heuschrecke stammt, denn diese Insekten singen erst ab dem Sommer."

Zum Überwintern fliegt der Feldschwirl ins tropische Afrika, er ist somit ein Langstreckenzieher. Das gilt ebenfalls für die zweite Schwirlart, die in den Leinepoldern mitunter zu beobachten ist. Der Rohrschwirl ist rund 14 cm groß und sein Gefieder ist überwiegend braun gefärbt. Ein Muster weist es nicht auf. Er singt durchaus ähnlich wie der Feldschwirl, doch beim Rohrschwirl klingen die Strophen etwas tiefer und sind kürzer. Wer diesen unscheinbaren Sänger finden möchte, sollte in Bäumen oder Büschen nach ihm Ausschau halten, denn dort sitzt er gern, um seine Strophen vorzutragen.