August 2018: Majestätischer Meisterjäger – Fischadler in den Leinepoldern
Einem Fischadler beim Jagen zuzuschauen, ist ein besonderes Erlebnis. Diese eleganten Flieger sind Meister darin, Fische zu erbeuten, indem sie sie im Flug mit ihren Füßen packen. In den Leinepoldern sind diese beeindruckenden Greifvögel vor allem während des Vogelzugs recht regelmäßig anzutreffen.
Mit seiner Körperlänge von 50 bis 66 cm ist der Fischadler ein mittelgroßer Greifvogel. Er ist schlank gebaut und hat eine Flügelspannweite von 1,27 bis 1,75 m. Diese große Variationsspanne mag verwundern, sie liegt aber darin begründet, dass die Weibchen in aller Regel etwas größer sind als die Männchen.
Erwachsene Fischadler sind an ihrer charakteristischen Gefiederfärbung gut zu erkennen: Auf dem Rücken und der restlichen Oberseite des Körpers sind die Federn einfarbig dunkelbraun. Lediglich der Schwanz zeigt auf der Oberseite eine abwechselnd helle und dunkle Bänderung mit einer dunklen Endbinde. Nahezu die gesamte Körperunterseite – auch die Unterseite der Flügel – trägt weiße Federn.
Der Kopf ist ebenfalls weiß. Typisch für den Fischadler ist der breite und scharf vom weißen Bereich abgegrenzte dunkelbraune Augenstreif. Dieser erstreckt sich von der Basis des Schnabels bis in den Nacken. Hat man das Glück, einen Fischadler aus der Nähe betrachten zu können, dann fällt die gelbe Iris auf. Besonders beeindruckend ist es, diese Vögel bei der Jagd zu beobachten.
Fischen mit den Füßen
Beim Fischadler ist der Name Programm: Seine Nahrung besteht fast ausschließlich aus Fisch. Gelegentlich erbeutet er aber auch andere Tiere wie Kleinsäuger, Frösche und Kröten. "Für die Jagd suchen Fischadler grundsätzlich Gewässer auf", erläutert Thomas Spieker von den Naturscouts Leinetal e. V. "Dabei werden meist stehende oder langsam fließende Gewässer bevorzugt."
Um bei der Jagd Kräfte zu sparen, suchen sich Fischadler oft eine Sitzwarte in Gewässernähe und halten von dort aus Ausschau nach Fischen, die sich in der Nähe der Wasseroberfläche zeigen. "Manchmal kann man die majestätischen Greifvögel aber auch dabei beobachten, wie sie über einem Gewässer kreisen und es im Blick behalten", so Spieker.
Hat ein Fischadler ein Beutetier erspäht, beginnt er über der Stelle zu rütteln. Das heißt, er bewegt seine Flügel so, dass er an derselben Stelle in der Luft steht. Das ist vermutlich der Moment, in dem der Angriff "geplant" wird. Als nächstes stößt der Fischadler mit nach vorn gestreckten Beinen hinab ins Wasser und greift mit den gebogenen Krallen den Fisch – sofern dieser nicht das Glück hat, entkommen zu können.
"Hierbei ist der Fischadler nicht auf einen bestimmten Winkel festgelegt, in dem er die Wasseroberfläche anfliegt", weiß Thomas Spieker. "Sowohl nahezu senkrechte Anflüge als auch fast waagerecht verlaufende beherrscht der gefiederte Fischjäger."
In vielen Fällen landet der Fischadler kurz im Wasser, wenn er einen Fisch gepackt hat. Durch kräftiges Flügelschlagen erhebt er sich dann wieder und transportiert die Beute mit dem Kopf voran ab, um sie in der Nähe des Gewässers zu fressen oder an den Nachwuchs zu verfüttern.
Riesiges Verbreitungsgebiet
Auf fünf Kontinenten ist der Fischadler heimisch: in Nord- und Südamerika, in Asien, Australien und Afrika sowie in Europa; einzig die Antarktis bewohnt er nicht. „In Deutschland ist der Fischadler vielerorts nur als Gast während des Vogelzuges anzutreffen, so auch in den Leinepoldern“, erklärt Spieker. In der Vergangenheit wurden beispielsweise im Spätsommer und Herbst sowie im Frühling hin und wieder Fischadler in dem Schutzgebiet zwischen Einbeck und Northeim gesichtet, wie die auf naturgucker.de gemeldeten Beobachtungen belegen.
"Es lohnt sich also, in nächster Zeit aufmerksam nach Fischadlern Ausschau zu halten", so Spieker. Sieht man einen dieser Vögel, sollte man ihn am besten von einem der Wege aus mit einem Fernglas beobachten und nicht querfeldein ins Schutzgebiet gehen. Damit würde man gegen das Wegegebot verstoßen, das die Tiere und Pflanzen in den Leinepoldern vor Störungen und Beschädigungen schützen soll. Und woran sich der Mensch halten soll, gilt auch für Hunde.
Saisonehe und Wiederverpaarung
Im Alter von circa zwei Jahren werden Fischadler geschlechtsreif. Dann suchen sie sich einen Partner und bauen mit ihm ein meist recht großes Nest. Diesem Partner sind sie während der Brutsaison treu, im darauffolgenden Jahr suchen sie sich dann aber erneut einen Partner. Es wurde allerdings schon beobachtet, dass sich zwei Vögel, die im Vorjahr bereits gemeinsam Junge großgezogen haben, im darauffolgenden Jahr erneut verpaart haben. Doch im Unterschied zu manch anderen Vogelarten gehen Fischadler für gewöhnlich keine langfristigen Bindungen ein, sondern führen eine Saisonehe.
Obwohl Fischadler in Deutschland vor allem während des Zuges rastend beobachtet werden können, gibt es in einigen Regionen auch Individuen, die dort brüten. Insbesondere in Nord- und Ostdeutschland leben und brüten Fischadler. Ihre Zahl wächst seit einiger Zeit wieder, nachdem diese Vögel hierzulande im 19. und 20. Jahrhundert vom Menschen verfolgt und bejagt wurden – sie wurden als Nahrungskonkurrenten angesehen, die den Fisch wegfangen. Der Fischadler wurde im Westen Deutschlands in den 1960er Jahren ausgerottet. Die Bestandszahlen in Bundesländern wie Sachsen-Anhalt steigen inzwischen wieder, auch Niedersachsen verzeichnet eine Neubesiedlung einst verwaister Regionen. Deutschlandweit gilt die Art gemäß der Roten Liste der Brutvögel derzeit als gefährdet.