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Juli 2018: Schwirren, summen, krabbeln – Insekten in den Leinepoldern

Die meisten Menschen haben zu Insekten kaum einen Bezug. Nur einige wenige gelten als schön, viele andere werden gar als lästig empfunden. In den Leinepoldern zwischen Einbeck und Northeim zeigen sich im Sommer viele Insekten, deren Lebensweise spannend ist und die im Ökosystem eine wichtige Rolle spielen.

Fragt man Menschen, welche Insekten ihnen gefallen, werden häufig Schmetterlinge genannt – und mitunter auch Käfer, allen voran Marienkäfer. Von ihnen ist bekannt, dass sie nützlich sind, weil sie Blattläuse fressen. Die meisten anderen Insekten gelten dagegen als lästig, gefährlich oder hässlich. Sie werden im besten Falle ignoriert und im schlechtesten totgeschlagen, wenn sie sich ins Haus verirren.

Damit wird den kleinen Krabblern und Fliegern jedoch Unrecht getan, denn sie bilden mit einigen anderen Kleinlebewesen die Basis der Nahrungskette. Noch dazu ist die Anzahl der Insekten in den vergangenen Jahren aufgrund verschiedener Ursachen in vielen Teilen des Landes erheblich gesunken. Umso wichtiger ist es, sich näher mit dieser äußerst interessanten Artengruppe zu beschäftigen und falsche Vorstellungen über sie abzulegen. Während eines Sommerspaziergangs in den Leinepoldern lassen sich bei genauem Hinschauen spannende Insektenbeobachtungen machen.

Elterliche Fürsorge

Viele Insekten pflanzen sich fort, indem sie Eier legen. Diese werden entweder einzeln oder in Gruppen angeordnet an passender Stelle platziert. "Marienkäfer wählen für die Eiablage meist Pflanzen aus, an denen sich Blattläuse befinden", weiß Thomas Spieker von den Naturscouts Leinetal e. V. "Schlüpfen die Larven, finden sie gleich ausreichend Nahrung vor."

Dasselbe gilt für zahlreiche Blattkäferarten, die so heißen, weil sie sich vor allem von Blättern bestimmter Pflanzenarten ernähren. "Auf Schwarz-Erlen findet man beispielsweise oftmals den Blauen Erlenblattkäfer, der metallisch dunkelblau glänzt und sowohl als erwachsenes Tier als auch als Larve Löcher in die Blätter dieser Bäume frisst", so Thomas Spieker.

Die meisten Insekten betreiben keine Brutpflege. Sie legen ihre Eier einfach an der für sie passend erscheinenden Stelle ab und überlassen sie ihrem Schicksal. Eine Ausnahme bildet da die Fleckige Brutwanze. Nach der Eiablage bleibt die Wanzenmutter zwei bis drei Wochen bei den Eiern. Sie stellt sich schützend über sie und verteidigt das Gelege gegen Angreifer wie Ameisen. Dabei hungert sie, denn um zu fressen, müsste sie ihr Gelege ungeschützt zurücklassen. "Doch damit nicht genug. Sind die Jungen geschlüpft, bewacht die Mutter sie weitere zwei bis drei Wochen", erläutert Spieker. "Erst nachdem die Jungwanzen ihre erste Häutung durchlaufen haben, gehen sie gemeinsam mit ihrer Mutter auf der Suche nach Nahrung, und bald darauf trennen sich ihre Wege."

Vom Ei zum Alttier

Typisch für die meisten Insekten ist es, dass die Jungtiere beim Schlüpfen aus dem Ei sehr klein sind. Diese Larven oder Nymphen, wie sie in manchen Fällen auch genannt werden, durchlaufen mehrere Häutungen, bis sie für den nächsten Entwicklungsschritt reif sind. Während sie selbst wachsen, vergrößert sich ihre äußere Körperhülle nicht und sie ist nur geringfügig dehnbar. Dadurch wird sie irgendwann zu eng und die Larven müssen sich häuten. "Auf Brennnesseln kann man mit etwas Glück die feinen abgestreiften Häute von Raupen des Tagpfauenauges, einer auch in den Leinepoldern häufigen Tagfalterart, vorfinden", weiß Thomas Spieker. "Puppen lassen sich dort ebenfalls manchmal aufspüren."

Als Puppe wird jenes Gebilde bezeichnet, in dem sich die Larven oder Raupen vor der Umgebung geschützt in ein erwachsenes Insekt ihrer Art entwickeln. Schmetterlingspuppen hängen oft an Pflanzen, aber es gibt auch Arten, die sich im Boden verpuppen, darunter einige Falter und Käfer.

"Libellen handhaben es noch ein wenig anders", so Spieker. "Sie legen ihre Eier unter Wasser und dort entwickeln sich ihre Larven." Nach mehreren Häutungen sind sie letztlich dann so weit, sich in eine Libelle zu verwandeln. An Pflanzenstängeln in Ufernähe klettern sie empor und schlüpfen aus ihrer engen Hülle. Der lange Körper wird ausgestreckt und die Flügel entfaltet, anschließend muss die junge Libelle noch aushärten. Das geht meist recht schnell, und schon starten diese Tiere fliegend ins "Erwachsenenleben". Zurück bleiben die leeren Hüllen, Exuvien genannt.

"Es kann sehr spannend sein, sich diese Hüllen anzuschauen. Dabei ist aber zu beachten, dass in den Leinepoldern nicht einfach an die Gewässerufer gegangen werden sollte – es herrscht ein Wegegebot zum Schutz der in dem Gebiet lebenden Tiere und Pflanzen", merkt Spieker an. Für vierbeinige Begleiter des Menschen gilt dieses Wegegebot ebenfalls, Hunde dürfen nicht frei im Naturschutzgebiet herumlaufen.

Insektengesänge

Der Großteil der Insekten ist für das menschliche Ohr nicht zu hören. Der Flügelschlag der meisten Schmetterlinge ist so leise, dass wir ihn nicht wahrnehmen können. Lediglich bei Arten mit sehr hoher Flügelschlagfrequenz wie beispielsweise beim Taubenschwänzchen ist ein Brummen zu hören. Ähnlich ist es bei Käfern. Kleine Arten hört man im Flug nicht, größere schon eher. Libellen sind an rasselnden Fluggeräuschen ebenfalls mitunter zu erkennen.

Deutlich hörbar sind dagegen die "Gesänge" der Heuschrecken, die im Sommer sehr zahlreich zu finden sind – auch in den Leinepoldern. Vom kleinen Grashüpfer bis zum mehrere Zentimeter langen Großen Heupferd reicht das Artenspektrum der Heuschrecken in dem Schutzgebiet. Sie alle tragen arttypische Lautäußerungen vor, an denen man sie erkennen kann, ohne sie zu sehen. So mancher Vogel lauscht diesem Zirpen im Sommer sehr aufmerksam, um Beute zu machen. Neben Singvögeln wie zum Beispiel Goldammern gehen auch Greifvögel wie die Mäusebussarde auf Insektenjagd. In der warmen Jahreszeit stehen Heuschrecken auf seinem Speiseplan. Und natürlich verschmähen die Weißstörche, die im Umfeld der Leinepolder brüten, diese "Hüpfer" ebenfalls nicht. Sie lassen sich im Juli gut dabei beobachten, wie sie nach den kleinen Insekten schnappen.